Heutzutage gibt es im Internet sehr erfolgreiche Online-Portale, die sich mit der Taktik im Fußball beschäftigen. Dort kann man dann von der sog. „abkippenden Sechs“ oder über die Vor- und Nachteile eines 5-2-2-1-Systems lesen, das die U19 des FC Buxtehude derzeit erfolgreich praktiziert. Einen Malus haben aber all diese Portale, denn sie lassen einen gerne in der Landesliga Südost praktizierten taktischen Kniff aus: Die Spielverlegung auf Kunstrasen.
Dieses Defizit soll hier im nachfolgenden Fachbeitrag behoben werden. Nach einer Woche, die eher sommerlich denn frühlingshaft anmutete, betraten der heimische SV Pullach und der TSV 1880 Wasserburg bei wunderbaren 16 Grad das künstliche Gras. Dass dieser Untergrund mit Tausendfüßlern sehr gut, mit herkömmlichen Noppensschuhen sehr schwer bespielbar war, wäre für Taktiknerds, aber auch für Orthopäden gleichermaßen interessant gewesen, denn die Löwen rutschten gemeingefährlich oft aus. Und hier kommt ein weiterer Faktor ins Spiel, der ebenfalls in Taktikreports außen vor ist: Die Mentalität, die Willenskraft. Die Mannschaft von Trainer Florian Heller stand immer wieder auf und gewann trotz zweimaligem Rückstand mit 3:2.
Eigentlich begann es für die Innstädter gut, denn nach einem in England als Kick and Rush erfolgreich erprobten Mittel, dem weiten Ball, war Thomas Voglmaier seinem Bewacher enteilt, Torhüter Leopold Bayerschmidt parierte jedoch glänzend (5.). Die krankheitsbedingt neuformierte Wasserburger Viererkette verteidigte auf dem engen Kunstrasen an sich gut, doch von der 10. bis zur 13. Minute befand sie sich in einem dreiminütigen Chaos, das Pullach neben einem Pfostenschuss zwei weitere Großchancen einbrachte. Die 1:0-Führung markierte Franjo Stanic jedoch erst in der 38. Minute, als er im Strafraum sträflich frei zum Abschluss kam und das nachholte, was zuvor verpasst wurde. Die Löwen waren zu diesem Zeitpunkt eigentlich gut im Spiel, brauchten aber in der 42. Minute einen Standard, um auszugleichen. Josef Stellner flankte von Halbrechts nach innen, wo Michael Barthuber geschickt Richtung Winkel verlängerte und zum 1:1 einköpfte.
„Heute war es ein Sieg des Willens. Wir hatten viele krankheitsbedingte Ausfälle und angeschlagene Spieler. Ich wusste, wenn wir heute etwas Zählbares mitnehmen, können wir als Mannschaft einen Entwicklungsschritt machen“, freute sich Florian Heller, der zunächst wieder einen Rückstand mit ansehen musste, obwohl Lino Volkmer diesen nach einer Stunde noch mit einer Glanzparade verhinderte. Unmittelbar vor einer Ecke in der 72. Minute hatte Pullach mit Janosch Barho einen beinahe zwei Meter großen Spieler eingewechselt, was die Frage aufwirft, wie die Löwen diesen Hünen übersehen konnten und dieser mit seiner ersten Ballaktion nach weniger als zehn Sekunden auf dem Platz zum 2:1 einnicken konnte. Auch dieser Rückstand warf die Innstädter nicht aus der Bahn, denn auch dieses Mal ließ die Antwort nicht lange auf sich warten. Aus dem direkten Gegenangriff resultierte eine zu kurz abgewehrte Ecke, die George Dumitru mit seinem ersten Tor für Wasserburg volley zum 2:2 in die Maschen hämmerte (74.). Für Pullach war der eine Zähler im Abstiegskampf zu wenig, die dadurch entstehenden Räume nutzten die Gäste in der 82. Minute eiskalt aus. Barthuber hatte Voglmaier in die Tiefe geschickt und dieser tunnelte den herausstürzenden Bayerschmidt. In der Schlussphase griffen die Hausherren naturgemäß auf das Stilmittel des langen Balles zurück, das auch zu einigen Ecken führte, die jedoch allesamt aus der Gefahrenzone geköpft wurden. „Dieser Sieg lässt mein Herz höher schlagen“, jubilierte Kapitän Michael Barthuber nach 90 hart umkämpften Minuten. „Wir wollten es mehr“. Und damit zurück zur Taktik.
Wasserburg: Volkmer, Biegel (ab 68. Breuer), Kasumovic, Rubio Gonzalez, Stellner, Deser (ab 79. Kerschbaum), Dumitru, Barthuber, Ferreira Goncalves (ab 62. Vorderwestner), Yordanov, Voglmaier
Tore: 1:0 Franjo Stanic (38.), 1:1 Michael Barthuber (42.), 2:1 Janosch Bahro (72.), 2:2 George Dumitru (74.), 2:3 Thomas Voglmaier (82.)
Schiedsrichter: Maximilian Wirkner (FC Mertingen)
Zuschauer: 100
jah